„Mayors for Peace“ 2025 in Berlin

Bildergalerie: Klaus Ihlau und Jochen Gester

Auch in diesem Jahr legten Mitglieder und Unterstützer der Initiative „Mayors for Peace“ rund um den 8. Juli ein klares Bekenntnis ab zu nuklearer Abrüstung, gegen Kriege und für ein friedliches Zusammenleben der Menschen weltweit. Mehr als 600 Städte in Deutschland beteiligen sich 2025 am Flaggentag.

Die Organisation „Mayors for Peace“ wurde 1982 durch Takeshi Araki, den Bürgermeister von Hiroshima, gegründet. Aus der grundsätzlichen Überlegung heraus, dass Bürgermeister für die Sicherheit und das Leben ihrer Bürger verantwortlich sind, versuchen die „Mayors for Peace“ Einfluss auf die weltweite Verbreitung von Atomwaffen zu nehmen und diese zu verhindern. Mehr als 8.400 Städte in 166 Ländern gehören dem Netzwerk an, darunter 900 Städte in Deutschland. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag stellte fest, dass die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen generell gegen das Völkerrecht verstoßen. Zudem hielt der Gerichtshof fest, dass eine völkerrechtliche Verpflichtung besteht, „in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen und zum Abschluss zu bringen, die zu nuklearer Abrüstung in allen ihren Aspekten unter strikter und wirksamer internationaler Kontrolle führen.“

Die „Berliner Mahnwache für ein Verbot der Atomwaffen – weltweit“ war bereits in den vergangenen Jahren initiativ, um diese Verpflichtung der Bürgermeister:innen nicht vergessen und öffentlich sichtbar zu machen. Die eingegangene Verpflichtung, die ja auch von der Stadt Berlin und vielen Bezirksbürgermeister:innen eingegangen wurde, war ja eine politische Frucht der Friedensbewegung der 80er Jahre. In den letzten Jahrzehnten fand diese immer weniger öffentlichen Ausdruck. Vielfach bekamen Aktionen am Jahrestag den Charakter von kaum sichtbaren Pflichtveranstaltungen oder sie fanden gar nicht mehr statt. So auch in Berlin. Um eine öffentliche Wirksamkeit des drängenden Themas waren die Amtsträger:innen nicht wirklich bemüht. Der Nachdruck aus der Zivilgesellschaft ließ nach, obwohl der allgemeine Aufrüstungsboom die Gefahr eines nuklearen Infernos erneut in die Höhe getrieben hat.

Um dies zu verändern, verfasste unsere Mahnwache in Kooperation mit der Berliner IPPNW im April einen Brief an die Bürgermeister:innen aller 11 Berliner Bezirke und bat um eine Stellungnahme, ob und wie sie in diesem Jahr am Flaggentag organisieren wollen. Auch boten wir unsere Unterstützung an. In unserem Schreiben machten wir den Vorschlag, dass die Bezirke im Rathaus einen Schaukasten installieren, der die Bürger:innen über die Mayors for Peace-Initiative informiert.

Eine positive Antwort erhielten wir aus Reinickendorf. Hier wurde uns bestätigt, dass ein Flaggenhissen vorgesehen ist. Gleiches kam mit einer Einladung zur Teilnahme aus Lichtenberg. Aus Pankow erhielten wir die Nachricht, es „werde an der Umsetzung der Aktion gearbeitet“. Zu wirklich öffentlich sichbaren gemeinsamen Veranstaltungen kam es unserer Kenntnis nach jedoch nur im Bezirk Tempelhof-Schöneberg und in Friedrichshain-Kreuzberg. Unterstützt durch unsere Mahnwache, IPPNW-Aktivist:innen und die Initiative „Steps for Peace“ zog Bürgermeisterin Clara Hermann vor dem Rathaus Friedrichshain die „Mayors for Peace“-Fahne hoch.

Die bedeutendste Aktion fand in Tempelhof-Schöneberg statt. Bürgermeister Jörn Oltmann hatte unsere Mahnwache und die Initiative „Steps for Peace“ zu einer gemeinsamen Veranstaltung eingeladen, die dann im Rathaus stattfand. Das ist ihm hoch anzurechnen, da friedenspolitische Aktionen in seiner Partei – Bündnis 90/Die Grünen – heute alles andere als ein Selbstläufetr mehr sind. Musikerinnen aus Hiroshima intonierten auf klassischen japanischen Instrumenten Lieder des Gedenkens an die Opfer des Atomwaffeneinsatzes von 1945. Nach dem Ende der Veranstaltung versammelten sich alle zum Flaggenhissen und zu einer Aktion des Kranich-Steigenlassens vor dem Rathaus.


Jörn Oltmann eröffnete die Veranstaltung mit den Worten: „Es ist mir als einer der “Bürgermeister für den Frieden” ein persönliches Anliegen, ein gemeinsames Zeichen zu setzen für den Frieden und gegen Waffengewalt, für unseren Bezirk Tempelhof-Schöneberg und auch darüber hinaus. Ich danke den Vertreter_innen der hier anwesenden Organisationen für ihre jahrelange wichtige Arbeit.“

Nach der Begrüßung durch den Bürgermeister sprach Cornelia Brinkmann für „Steps for Peace. Sie erinnerte in ihrem Beitrag an das japanische Mädchen Sadako Sasaki, das sie tief bewegt hatte. Das japanische Mädchen Sadako Sasaki war gerade mal zweieinhalb Jahre alt, als die Atombombe über Japan abgeworfen wurde. Ihre Geschichte wurde zu einem Symbol der internationalen Friedensbewegung und des Widerstandes gegen den Atomkrieg. Das Mädchen Sadako Sasaki aus Hiroshima überlebte, bekam allerdings mit elf Jahren, im Jahre 1954, die Diagnose Leukämie, eine häufig auftretende Krebserkrankung mit der die Überlebenden zu kämpfen hatten. Sadako Sasaki hörte von der japanische Legende, die besagt: Falte 1.000 Origami-Kraniche und erhalte einen Wunsch von den Göttern. Diese Legende nutze sie und faltete während ihres Krankenhausaufenthaltes Origami-Kraniche, um ihren Wunsch nach Gesundheit erfüllt zu bekommen. Die Kraniche gaben ihr Kraft und Hoffnung auf Heilung. Am 25.Oktober 1955 starb Sadako Sasaki, umgeben von ihrer Familie. Leider schaffte sie es nur 644 Kraniche zu falten. Dank ihrer Mitschüler jedoch, wurde sie mit 1.000 Kranichen beerdigt.

Peter Paulus von der IPPNW machte darauf aufmerksam, dass vielen Menschen der Inhalt der geltenden völkerrechtlichen Verträge zur nuklearen Abrüstung völlig unbekannt sind. So gäbe es neben dem Atomwaffenverbotsvertrag der UNO von 2021, der Entwicklung, Lagerung, Drohung und Einsatz von Atomwaffen verbietet, nur noch den Atomwaffensperrvertrag von 1968, der nicht nur die Weitergabe von Atomwaffen an Nicht-Atomwaffenstaaten untersagt, sondern auch die Atommächte zur Abrüstung verpflichtet. Doch diese Verpflichtung werde bis heute ignoriert: „Wir sehen, auf diese selbst eingegangene Verpflichtung können wir uns nicht verlassen – Im Gegenteil: Diese Waffen werden modernisiert und damit gestärkt. Das heißt: Wir Bürger mit unseren Bürgermeistern müssen uns selbst kümmern, mobilisieren, informieren und fordern. Möglichkeiten gibt es viele: Bürgerbefragungen, Infoveranstaltungen in Schulen, Museen, Malwettbewerbe, Friedenspfähle in Bezirken, Flashmobs …“

Ine Kayser von der Mahnwache berichtete von den Erfahrungen, die sie in den Gesprächen während der monatlichen Mahnwachentermine sammeln konnte. „Bei unseren Mahnwachen stellen wir fest, dass es sehr schwer ist, Menschen mit diesem Thema anzusprechen. „Vor allem bei jüngeren Menschen wird die Gefahr oft einfach geleugnet oder heruntergespielt. Da ist der Glaube, dass uns nichts passieren kann, weil wir die Stärkeren sind, der Glaube an die Abschreckung. Es wird ausgeblendet, dass durch technische Fehler, menschliches Versagen oder Kurzschlussreaktionen oder durch eine sich verselbständigende Eskalation mit immer schneller werdenden Waffen die Gefahr einer atomaren Katastrophe wächst und sehr realistisch ist. In dieser Logik müssen wir ständig versuchen, die stärkere, schellere Seite zu sein. Und das versuchen dann natürlich auch die anderen. … Darüber sollte in den Schulen gesprochen werden, nicht über Mentalitätswechsel Richtung Kriegstüchtigkeit und angebliche Schutzmaßnahmen, die im Falle eines Atomkrieges nicht helfen können. Die andere Reaktion, die uns oft bei unserer Mahnwache begegnet und die ich sehr, sehr gut verstehen kann, ist die Verdrängung, weil die Gefahr einfach zu erschreckend ist. … Die tiefsitzende Angst und deshalb Abwehr, dieses Schreckensszenario an sich heran zu lassen, verhindert leicht, dass wir darüber reden, wie wir dieser Bedrohung von allem, was uns lieb ist, entgegentreten können.“

Für die Friedensbewegung ist es entscheidend diese lähmenden psychologischen Selbstschutzmaßnahmen zu überwinden und die Bereitschaft zum aktiven Handeln, zu Widerstand zu fördern. Auch muss sie verstärkt im Alltag der Menschen ankommen und sichtbare Verteidiger:innen bei den gewählten Repräsentant:innen der Stadt finden. Auf diesem Schritt war insbesondere der Flaggentag in Tempelhof-Schöneberg ein wichtiger Schritt voran. Er kann beispielgebend auch für die Bezirke sein, die sich bisher noch zurückgehalten haben. Es ist politisch geboten und möglich. Deshalb sollte man es auch tun.